Unbestritten handelt es sich bei den Kollegen Mor und Dembele um zwei unfassbar gute Fußballer. Die haben jeweils so viel Talent wie der Rest der Truppe in Summe, möchte man sagen. Deshalb werden sie auch ungewöhnlich hart vom Gegner attackiert – wer lässt sich schon gern schwindelig spielen und vorführen?! Nun formiert sich aber in Dortmund trotzdem ein Trüppchen, um den beiden Supertalenten den Stempel „schwierig“ aufzudrücken. „Die haben sich nicht im Griff“, „die müssen noch viel lernen“, etc. Grund dafür ist ausgerechnet die völlig unberechtigte Rote Karte gegen Emre Mor im Hertha-Spiel.
Beim Betrachten der Fernsehbilder war diese Szene dem Gegenspieler selbst so peinlich, dass er sich für seine Schauspiel-Einlage entschuldigte und betonte, dies sei defintiiv keine roten Karte gewesen. Punkt. Aus. Eigentlich Thema beendet. Aber nicht für RN-Reporter Matthias Dersch und Co. Der haute über Twitter direkt nach Spielende erstmal einen raus:
„Dass
#Mor bald mal vom Platz fliegen würde, hatte sich schon in den vergangenen Wochen angedeutet. Er muss noch viel lernen.“
Puh. Wirklich?! Wo hatte sich das jetzt angedeutet, dass Emre Mor durch eine Schwalbe des Gegners vom Platz fliegt? Wie kann sich so etwas überhaupt „andeuten“? Klar, was Matthias Dersch meint: Emre Mor ist halt so ein Typ, der sich nicht im Griff hat. Weil er viel meckert und sich schnell aufregt. Und noch mal: Wirklich?! Das ist doch nicht mehr und nicht weniger als ein Image, das man dem 19-jährigen (!) jetzt öffentlich anheftet. Und im Übrigen wird gleich im selben Atemzug erwähnt, dass dasselbe auch für Dembele gelte. Puh! Spätestens jetzt wird es gefährlich. Denn hier bedient man sich Klischees und Stereotypen vom „unzivilisierten“ Talenten. Das meint RN-Reporter Dersch nicht rassistisch, aber zum einen kippt es schnell in die Ecke – zum anderen ist es auch ohne Rassismus ein dummes Klischee, das beide Spieler beleidigt.
Denn über Twitter fanden sich gleich zahlreiche Anhänger dieser pauschalen Kritik an Mor und Dembele. Man war sich schnell einig, dass die „sich ein Beispiel an Pulisic und Passlack“ nehmen sollten. Wirklich?! Auch hier wird zwei jungen Spieler gleich mal ein Image verpasst, ob es ihnen passt oder nicht: die Musterschüler. Das ist ungefähr so sympathisch wie Klassenbester oder Lehrerliebling. Dann doch lieber „der hat sich nicht im Griff“. Denn das ist mir als Fan auch deutlich lieber: Spieler mit Emotion. Spieler, die ausrasten für ihre Mannschaft, ihren Verein und den Sieg. Diese Musterschüler-Problematik ist ja leider nicht neu. Es werden immer mehr glatte, regelkonforme, ja brave Profis gefordert. Und wer da nicht reinpasst (vgl. Großkreutz, Kevin) wird vom Hof gejagt. Ich glaube nicht an den Musterprofi ala Mats Hummels und Co. Ich will die Frank Mills und Marcio Amorosos sehen – ich will mich aufregen und ich will, dass sich die Spieler aufregen. Ich will keine gelackmeierte Fußballwelt voller Ja-und-Amen-Profis.
Und das Image, das nun (ausgerechnet von BVB-Anhängern und BVB-Reportern) Mor und Dembele angeheftet wird, das schadet am Ende nur dem BVB. Oder wird in Zukunft noch ein Schiedsrichter fair mit Mor oder Dembele umgehen?! Nein, die kriegen jetzt – vgl. Möller, Andreas – ein Image, durch das sie es bei Schiedsrichtern doppelt schwer haben.
Klassischer Bärendienst, den Dersch und Co. da dem BVB geleistet haben.
Lasst die Jungs so wie sie sind: Riesenfußballer mit ganz viel Gefühl – im Fuß und im Herz.